Konstruktion: Frage_rhetorisch:W_V2_auch
Diese Konstruktion ist Teil der Konstruktionsfamilie Negation
Diese Konstruktion ist Teil der Konstruktionsfamilie Rhetorische_Ergänzungsfrage
Konstruktionstyp:
Satzmoduskonstruktion
Syntaktische Konstruktion
Struktur/Form der Konstruktion:
W_V2_auch
Die Konstruktion Frage_rhetorisch:W_V2_auch ist Teil der Familien Rhetorische_Ergänzungsfrage und Negation. Formal gleicht sie einer Ergänzungsfrage (vgl.W-Interrogativ_einzielig), erfüllt jedoch eine andere Funktion als das Erfragen eines Wissensdefizits. Der Sprecher oder die Sprecherin gibt mit einer Äußerung in Form dieser Konstruktion zu verstehen, dass seiner oder ihrer Meinung nach eine Negation der im Fragesatz enthaltenen Proposition vorliegt.
So ergibt sich aus dem Konstrukt
dass einem sonst nicht übrig bleibt. Eine solche Äußerung unterscheidet sich jedoch von einer einfachen Aussage, weil sie als offensichtlich bewertet wird und der Zuhörer oder die Zuhörerin stärker einbindet, indem (implizit) Zustimmung eingefordert wird.
Sie setzt sich zusammen aus dem lexikalisch festen Kern-Konstruktionselement (KE-lex) Wer_auchKE-lex:Wer_auch, bei dem sich das Interrogativpronomen je nach Kontext durch ein anderes ersetzen lässt, und dem internen Kern-Konstruktionselement (Kern-KE) KE:BezugskontextBezugskontext. Darüber hinaus kann das Nicht-Kern-KE KE:BedingungBedingung auftreten.
Weiterführende Informationen
Die Konstruktion ist eng verwandt mit der Frage_rhetorisch:W_V2_schon. Formal und funktional weist die Konstruktion zentrale Merkmale auf, die sie mit der Konstruktion teilt, wie etwa der Polaritätsumkehr, die Bewertung eines Sachverhalts als unwahrscheinlich oder absurd sowie der häufigen Verwendung von Modalverben und Verben im Konjunktiv. Jedoch sind die KE-lexKE-lex:Wer_auch der beiden Konstruktionen zwar häufig, jedoch nicht immer austauschbar. Folgender Beleg zeigt, dass sich auch nicht ohne Weiteres durch schon ersetzen lässt:
Der Grund liegt darin, dass durch auch deutlich mehr Bezug auf den vorangegangenen Diskurs genommen wird. Auch fungiert hier als anaphorisches Element, das eine zuvor geäußerte Aussage aufnimmt und verstärkt. Dementsprechend weist das KE KE:BezugskontextBezugskontext häufiger eine definite Nullinstantiierung auf.
Zwar gibt es Äußerungen, die formal identisch mit einer rhetorischen Frage dieser Art sind, doch realisieren sie nicht die hier beschriebene rhetorische Frage, sondern eine andere Konstruktion (vgl. W-Interrogativ_einzielig) mit dem übergeordneten Frame Befragen. Die Intonation sowie der Ko(n)text können zur Disambiguierung beitragen. Als eindeutig rhetorisch ist die Konstruktion zu erkennen, wenn auch unmittelbar auf das Interrogativpronomen folgt, das KE-lexKE-lex:Wer_auch also kontinuierlich realisiert ist:
Diese Stellung ist grundsätzlich mit fast allen Interrogativpronomen möglich, auf die üblicherweise unmittelbar das finite Verb folgen würde. Zwei Ausnahmen bilden jedoch wie und welche/r/s:
Da auf welche/r/s immer eine NP folgt, ist eine solche Stellung nicht möglich: *Welche auch Vorbilder gebe es?. Gleiches gilt für wie, wenn unmittelbar darauf ein Adjektiv folgt: *Wie auch schwer kann es sein [...]?.
Die einzigen Fälle, in denen schon nicht von einem finiten Verb gefolgt sein muss, sind, wenn der KE:BezugskontextBezugskontext als eine elliptische Konstruktion mit fehlendem finitem Verb realisiert wird:
Morphosyntaktische Komplexität & Kategorie
einfacher SatzV2 |
Schematizität | Idiomatizität | Beschränkungen |
---|---|---|
0.5 | idiomatisch | ja (formseitig + semantisch/pragmatisch) |
Konstruktionselemente (KE) Kern Konstruktionselemente mit lexikalisch festen Instanzen (KE-lex)
Wer_auch |
Das KE-lexKE-lex:Wer_auch wird als die meist diskontinuierlich realisierte Mehrworteinheit bestehend aus einem Interrogativpronomen und auch realisiert. Auch wirkt dabei als Rhetorizitätsmarker und kann zugleich als anaphorisches Element auf zuvor geäußertes Bezug nehmen (siehe Zusätzliche Angaben). Es weist auf die rhetorische Interpretation der Frage hin und signalisiert die implizite Negation der im KE:BezugskontextBezugskontext enthaltenen Proposition. Beispiel: Wie zu erwarten gibt die Kamera nicht viel her, die Front- und Hauptkameras sind mit 5 MP (Front) und 8 MP (Haupt) eh sehr schwach aufgelöst, was aber bei den meisten Tablets in dieser Preisklasse der Fall ist.
Ich meine mal , { ?😁
Für mich ist ein Tablet sowieso nicht zum vernünftige Bilder machen gedacht, höchstens wenn die Kinder damit herumspielen.
werKE-lex:Wer_auch KE:Bezugskontextmacht auchKE-lex:Wer_auch KE:Bezugskontextgerne mit so einem Riesen - Teil Fotos |
Welche_auch |
Beispiel: Bei der Premiere auf dem Filmfestival sitzt Dobusch im Publikum und bekennt hernach jovial: "Mir hat’s gefallen."
{ ?
Was die Filmemacher der Low-Low-Budget-Produktion, in der neben Franz Dobusch auch Fidel Castro und Adolf Hitler auftreten, nun eigentlich rüberbringen wollen, bleibt auch beim Frage-und-Antwort-Versuch mit dem Publikum unklar.
WelcherKE-lex:Wann_auch KE:BezugskontextBürgermeister erfährt auchKE-lex:Wann_auch KE:Bezugskontextsolche künstlerische Aufmerksamkeit |
Warum_auch |
Beispiel: Damit ist doch eigentlich schon alles gesagt.
Ich bin nicht kompromissbereit , { ?
Ich bin konsequent. Das war ich schon immer.
warumKE-lex:Warum_auch KE:Bezugskontextsollte ich auchKE-lex:Warum_auch |
Wo_auch |
Evoziert die folgenden Frames: Beispiel: Die Unterschiede in der Berichterstattung zu heute sind wirklich frappierend.
Aber { .
Das hier ist nicht so schön, aber wichtig!
woKE-lex:Wo_auch KE:Bezugskontextfände man auchKE-lex:Wo_auch KE:Bezugskontextheute noch solche Sprecher wie Werner Veigel oder Wilhelm Wieben |
Wann_auch |
Evoziert die folgenden Frames: Beispiel: { ?
Und mit dieser rhetorischen Frage gleiten wir sacht zum heiklen Gegenstand dieser Spalte über: Harzer Käse!
WannKE-lex:Wann_auch KE:Bezugskontextgibt es das auchKE-lex:Wann_auch KE:Bezugskontextnoch in unserer Angebotsökonomie , dass man von etwas zu wenig hat statt von allem zu viel |
Wie_auch |
Evoziert die folgenden Frames: Beispiel: Noch im Dämmer dachte ich: Du hast doch gar keine Zahlen angekreuzt, warst an keiner Annahmestelle, woher also der Gewinn?
{ , dessen schlagartigen Verlusts man sich erst allmählich bewusst wird ?
Was muss nun alles anders werden, damit alles so bleiben kann, wie man es gewohnt ist?
WieKE-lex:Wie_auch KE:Bezugskontextsoll man auchKE-lex:Wie_auch KE:Bezugskontextein Glück begreifen , bei dem der Hauptgewinn das Wiedererlangen des Normalzustandes ist |
Was_auch |
Beispiel: Alles, das ist jetzt so gut wie nichts.
Die meisten Verkäufer wollen über die Situation in den Läden nicht sprechen , { ?
Während die russische Armee in die Ukraine vorrückte, stürmten Tausende Moskauer die Verkaufsräume westlicher Edelmarken in der Innenstadt: Louis Vuitton, Fendi, Gucci, Hermès, Prada, Chanel.
wasKE-lex:Was_auch KE:Bezugskontextgibt es über die Leere auchKE-lex:Was_auch KE:Bezugskontextzu sagen |
Konstruktionselemente (KE) Kern Weitere Konstruktionselemente (KE)
Bezugskontext |
Das interne Kern-KE KE:BezugskontextBezugskontext wird in der Regel als V2-Satz realisiert und bildet die propositionale Grundlage der rhetorischen Frage. Typischerweise wird mit ihr eine Handlungsweise, ein Zustand oder ein Ereignis als unwahrscheinlich, absurd oder als grundsätzlich nicht gegeben bewertet. Auffällig ist der häufige Gebrauch von Modalverben wie sollen sowie von Verben im Konjunktiv, die die Rhetorizität verstärken. Insgesamt fungiert das KE als Träger der durch die Konstruktion negierten Aussage, die der Sprecher oder die Sprecherin zur stillen Bestätigung vorlegt. In den meisten Fällen lässt sich die durch die rhetorische Ergänzungsfrage aufgestellte Behauptung durch Ersetzung des KE-lexKE-lex:Wer_auch durch ein der Negierung dienendes Adverb oder Pronomen umschreiben. So ergibt sich aus dem untenstehenden Beispiel die Behauptung Nirgends gibt es direkte Wege in der Geschichte von Jahrhunderten. Evoziert die folgenden Frames: Beispiel: So antwortete Heinz Schilling, der renommierteste deutsche Historiker der Reformation, auf die Frage, ob es einen "direkten Weg von Luther zu Hitler" gebe, mit einem entschiedenen "Gewiss nicht".
Damit hat er gewiss recht , { .
Doch wird die Anschlussfrage nicht gestellt: Wie war der indirekte Weg?
woKE-lex:Wo_auch KE:Bezugskontextgäbe es auchKE-lex:Wo_auch KE:Bezugskontextdirekte Wege in der Geschichte von Jahrhunderten |
Konstruktionselemente (KE) Nicht-Kern
Bedingung |
Das Nicht-Kern-KE KE:BedingungBedingung wird in der Regel als ein mit wenn eingeleiteter Nebensatz realisiert, der direkt auf den lizenzierten Bereich folgt. Inhaltlich spezifiziert es den hypothetischen Rahmen, innerhalb dessen das im KE:BezugskontextBezugskontext beschriebene Szenario als besonders unwahrscheinlich eingestuft wird. Der Nebensatz verstärkt so die rhetorische Wirkung der Konstruktion, indem er eine Bedingung formuliert, unter der die infrage stehende Handlung oder Situation gerade nicht erwartbar ist. Evoziert die folgenden Frames: Beispiel: "Das Ergebnis einer solchen Reaktion", wütet er weiter, "kann nur sein, dass intelligente Menschen, die etwas Sinnvolles zu tun haben, ihre Zeit nicht mehr damit verschwenden, Ihnen zu helfen.
{ , WarumKE-lex:Warum_auch KE:Bezugskontextsollten sie auchKE-lex:Warum_auch KE:Bedingungwenn ihr Lohn Gleichgültigkeit , Falschdarstellung und Einschüchterung ist |
Konstruktionselemente (KE) Korrelierende Elemente (KorE) exemplarisch
denn |
KorE wie denn, eigentlich und überhaupt können die Rhetorizität der Konstruktion zusätzlich verstärken (vgl. Bechmann 2010: 105). Evoziert die folgenden Frames: Beispiel: Schweigt kurz.
Dann sagt sie : " { WerKE-lex:Wer_auch KE:Bezugskontextmacht dennKorE:denn { ?
Kein Mensch, so ein Blödsinn!
auchKE-lex:Wer_auch KE:Bezugskontextseine Praxis um sieben Uhr auf |