Konstruktion: Konditional_generisch:Wer_zuerst_kommt_X

Und auch wenn die ersten zurückgekehrten Zugvögel es nicht sehr gemütlich haben im Moment, einen entschiedenen Vorteil haben sie – attraktivere Quartiere. Denn
{
wer zuerst kommt ,KE-lex:wer_zuerst_kommt
KE:Konsequenzhat eine größere Auswahl an Nestern
}
. „ Es gibt ein Wettrennen um die besten Reviere “ , erzählt Eda Wieding .

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Nürnberger Zeitung, 09.03.2010, S. 16; Störche kommen mit dem Wetterumschwung gut zurecht - Kalte Tage in den besten Nestern

Kurzname der Konstruktion:

Wer_zuerst_kommt_X

Diese Konstruktion ist Teil der Konstruktionsfamilie Konditional

Die Konstruktion wird in der Literatur bzw. in Grammatiken auch thematisiert unter:

Konstruktionstyp:

Syntaktische Konstruktion

Syntaktische Konstruktion: Phraseoschablonen/Phrasemkonstruktionen

Struktur/Form der Konstruktion:

wer_zuerst_kommt_VP

Bei der Konstruktion (Kxn) Konditional_generisch:Wer_zuerst_kommt_X, die zu der Konstruktionsfamilie Konditional gehört, handelt es sich um ein teillexikalisiertes, produktives ‚Modifikationsmuster‘ (Stutz 2024: 251), das sich aus dem lexikalisierten Sprichwort Wer zuerst kommt, mahlt zuerst ( zum SWB-Eintrag) ableitet.

Ursprünglich bezog sich das Sprichwort auf den Bauern, „der sein Getreide zur Mühle brachte und dessen Ernte auch zuerst an die Reihe kam, falls er der Erste an der Mühle war“ (Mieder 2004: 430). In der Konstruktion bleibt nur der erste Teil des Sprichworts fest erhalten (wer zuerst kommt), während das zweite Element eine Leerstelle aufweist. So entsteht ein Muster, das heute produktiv verwendet wird, um auszudrücken, dass man „durch besonders schnelles Handeln einen Vorteil gegenüber anderen verschafft“ ( SWB).

Die obligatorischen Bestandteile der Konstruktion sind das lexikalisch feste Kern-Konstruktionselement (KE-lex) wer_zuerst_kommtKE-lex:wer_zuerst_kommt und das interne Kern-Konstruktionselement (Kern-KE) KE:KonsequenzKonsequenz.

Weiterführende Informationen

Das Sprichwort Wer zuerst kommt, mahlt zuerst wird häufig kontextuell für Werbezwecke angepasst (vgl. Majnusz-Stadnik 2014). Die Konstruktion Konditional_generisch:Wer_zuerst_kommt_X bildet die Grundlage für diese Anpassung: Dadurch, dass der freie Slot durch unteschiedliche sprachliche Einheiten besetzt werden kann, wird das ursprüngliche Sprichwort „an das Werbeprodukt adaptiert“ (vgl. ebd.: 33):

Ab 1. Oktober wird das Fachgeschäft im Städtchen radikal geräumt. Nach dem Prinzip «
{
Wer zuerst kommt ,KE-lex:wer_zuerst_kommt
KE:Konsequenzhat die grösste Auswahl
}
» wird es bis Ende November gestaffelt von 30 bis 70 Prozent Rabatt auf das ganze Angebot im Laden geben - mit Ausnahme der erwähnten Artikel der Grundversorgung wie Sicherungen und Leuchtmittel . Aber auch dafür wird in dieser Zeit ein Dauerrabatt von 20 Prozent gewährt.

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Die Südostschweiz, 28.09.2010; EWU-Laden in Uznach räumt Fachgeschäft

NEU (9. September): 1.000 Beta Keys bei PC-Games. Einfach Verlosung ,
{
wer zuerst kommt ,KE-lex:wer_zuerst_kommt
KE:Konsequenzder gewinnt
}
NEU (9. September):

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Sammlung: Hier gibt es AION Open Beta Keys [UPDATE]. the-pain.net

Die Konstruktion Konditional_generisch:Wer_zuerst_kommt_X scheint eine durch die Tilgung entstandene Variante darzustellen (vgl. Stumpf 2016: 320; Burger 2010: 24). Eine verwandte, strukturell vollständigere – in Bezug auf das ursprüngliche Sprichwort – und somit im höheren Grad lexikalisierte Konstruktion ist Konditional_generisch:Wer_zuerst_kommt_X_zuerst. Zwar implizieren beide Konstruktionen eine Belohnung bei Erfüllung der Kondition „zuerst kommen“, unterscheiden sich jedoch sowohl formell als auch semantisch: Während die kürzere Variante ein schnelles Handeln priorisiert, fokussiert Konditional_generisch:Wer_zuerst_kommt_X_zuerst stärker auf die Reihenfolge.

Darüber hinaus steht diese Konstruktion in einem Verwendungszusammenhang mit der Konstruktion Konditional_generisch:Wer_zu_spät_kommt_X, da beide das rechtzeitige Handeln thematisieren ( SWB). Im Gegensatz zur hier beschriebenen Kxn, die einen Vorteil bei frühzeitigem Handeln ausdrückt, verweist Konditional_generisch:Wer_zu_spät_kommt_X auf die negativen Konsequenzen verspäteten Handelns.


Morphosyntaktische Komplexität & Kategorie

Schematizität Idiomatizität Beschränkungen
0.5 idiomatisch ja (formseitig + semantisch/pragmatisch)

Konstruktionselemente (KE) Kern Konstruktionselemente mit lexikalisch festen Instanzen (KE-lex)

wer_zuerst_kommt

Das KE-lex wer_zuerst_kommtKE-lex:wer_zuerst_kommt wird als Mehrworteinheit in Form eines Relativsatzes realisiert. Es setzt sich aus dem Relativpronomen wer, dem Adverb zuerst und dem finiten Verb kommt zusammen. Mit dem KE-lex wird eine Kondition formuliert, bei deren Erfüllung die KE:KonsequenzKonsequenz eintritt. Typischerweise übernimmt der Relativsatz die Subjektfunktion:

Man kann nicht vorbestellen.
{
Wer zuerst kommt ,KE-lex:wer_zuerst_kommt
KE:Konsequenzbekommt einen Platz
}
. Es gibt keine Duschen, aber Grills, Tische und Toiletten.

21BA04...6D9AEF
Canyon de Chelly National Monument. In: Wikivoyage.

Einen Grenzfall bilden Sätze, in denen das KE-lex als Attributsatz fungiert. In diesen Fällen enthält der Hauptsatz das Pronomen der, auf das das KE-lex referiert:

Sonderthemen 13. 09. 2002 Schnäppchen für Frühbucher Übers Internet gibt es oft die besten Konditionen. Kurzentschlossene müssen meist tiefer in die Tasche greifen
{
Wer zuerst kommt ,KE-lex:wer_zuerst_kommt
KE:Konsequenzder fliegt am billigsten
}
. So lässt sich das Konzept der Low-Fare- Fluggesellschaften umschreiben.

845DD9...8BE9E2
Der Tagesspiegel, 13.09.2002

Evoziert die folgenden Frames:

Konstruktionselemente (KE) Kern Weitere Konstruktionselemente (KE)

Konsequenz

Das interne Kern-Konstruktionselement KE:KonsequenzKonsequenz wird meistens durch eine Verbalphrase realisiert. Es benennt einen Vorteil, der sich aus dem frühzeitigen Handeln ergibt.

Evoziert die folgenden Frames:

Beispiel:

Neugierig? Dann nichts wie hin -
{
wer zuerst kommtKE-lex:wer_zuerst_kommt
KE:Konsequenzkriegt die besten Plätze
}
. Ab 8 Jahren. Vorlesungsverzeichnis etc. unter www.kinderuni-lichtenberg.de oder in Bibliotheken und Lichtenberger Bürgerämtern

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Berliner Zeitung, 01.11.2003

Typische Realisierungen:

VP

Kern-KE-Sets
Konsequenz

Konstruktionselemente (KE) Nicht-Kern

Konstruktionselemente (KE) Korrelierende Elemente (KorE) exemplarisch

Burger, Harald (2010): Phraseologie: Eine Einführung am Beispiel des Deutschen, 4. Aufl., Berlin: Erich Schmidt Verlag.
Majnusz-Stadnik, Mariola (2014): Zu Funktionen von Phraseologismen und phraseologischen Modifikationen in deutschen und polnischen Werbeanzeigen, Academic Journal of Modern Philology 3, 27–42.
Mieder, Wolfgang (2004): „Andere Zeiten, andere Lehren“ - Sprach und kulturgeschichtliche Betrachtungen zum Sprichwort, in: Steyer, Kathrin (Hrsg.): Wortverbindungen mehr oder weniger fest, Berlin/New York: De Gruyter, 415–438.
Steyer, Kathrin (2012): Sprichwortstatus, Frequenz, Musterbildung. Parömiologische Fragen im Lichte korpusmethodischer Empirie, in: Steyer, Kathrin (Hrsg.): Sprichwörter multilingual. Theoretische, empirische und angewandte Aspekte der modernen Parömiologie, Tübingen: Narr, 287–314.
Steyer, Kathrin / Hein, Katrin (2018): Usuelle satzwertige Wortverbindungen und gebrauchsbasierte Muster, in: Engelberg, Stefan / Lobin, Henning / Steyer, Kathrin / Wolfer, Sascha (Hrsg.): Wortschätze. Dynamik, Muster, Komplexität, Berlin/Boston: De Gruyter, 107–129.
Stumpf, Sören (2016): Modifikation oder Modellbildung? Das ist hier die Frage – Abgrenzungsschwierigkeiten zwischen modifizierten und modellartigen Phrasemen am Beispiel formelhafter (Ir-)Regularitäten, Linguistische Berichte 247, 317–342.
Stutz, Lena (2024): „Wo ein Sprichwort ist, ist auch ein Muster.“ Korpusbasierte Studien zur Produktivität und Schematizität deutscher Sprichwortmuster, Linguistische Berichte 279, 246–306.
SWB. Sprichwörterbuch OWID, https://www.owid.de/service/stichwortlisten/sprw.